top of page

Inhalationstherapie zur Atemwegsbefeuchtung bei Kindern - eine umstrittene Therapie

  • Autorenbild: Johanna
    Johanna
  • 17. Feb.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. März

Die Atemwege deines Kindes spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Infektionen und Reizstoffen. Gerade bei Erkältungen greifen viele Eltern auf Inhalationstherapien zurück – zur Befeuchtung der Schleimhäute und zum Lösen von festsitzendem Schleim. Im Folgenden erfahrt ihr, was die Wissenschaft dazu sagt, welche Methoden es gibt und welche praktischen Tipps bei der Anwendung beachtet werden sollten.



Kind Inhalation
© Mylittlesprout - Inhalation

1. Grundlagen der Inhalation

Bei der Inhalationstherapie wird ein feiner Nebel in die Atemwege abgegeben, der aus Kochsalzlösung und/oder Medikamenten besteht. Der Vorteil liegt darin, dass der Wirkstoff direkt in die Lunge gelangt – ohne den Umweg über den Blutkreislauf.


 

2. Kontroverse zur Atemwegsbefeuchtung

Die Anwendung der Inhalationstherapie zur Atemwegsbefeuchtung bei Kindern mit Erkältungen (ohne schwere oder chronische Atemwegserkrankungen) ist umstritten. Einige Ärzte befürworten diese Methode und verschreiben Inhalatoren, während andere ausschließlich medikamentöse Therapien mit Inhalationshilfen empfehlen. Wie steht denn dein*e Kinderarzt*ärztin dazu?


Aktuelle Situation:

  • Mangel an aussagekräftigen Studien zur Effektivität der Atemwegsbefeuchtung


  • Mehrere Studien zeigen, dass Inhalationen zur Atemwegsbefeuchtung lediglich zu einer kurzfristigen, subjektiven Linderung der Symptome führen – ohne den Krankheitsverlauf signifikant zu verändern.


  • Ein Cochrane-Review aus 2017 fasst zusammen, dass das Inhalieren zur Atemwegsbefeuchtung weder klare Vorteile noch gravierende Nachteile mit sich bringt.


  • Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema sind noch nicht abschließend und es fehlen weitere Belege.


  • Aus der Mukoviszidose-Forschung wissen wir, dass das Einatmen von salzhaltigen Lösungen (höherprozentiges NaCl-3%-7%) den zähen Schleim in den Atemwegen lösen kann, zu einer verbesserten Lungenfunktion führte und seltener akute Verschlechterungen auftraten. Auch Übersichtsarbeiten bestätigen, dass diese Therapie die natürliche Reinigung der Atemwege unterstützt.


  • Ein erhebliches Problem, weshalb viele Ärzte heute von der Verschreibung herkömmlicher Inhalatoren absehen, liegt in der schwierigen Reinigungshygiene der Geräte. Die ehemals weit verbreiteten Kompressorinhalatoren bestehen aus zahlreichen Einzelteilen und Schläuchen, was eine gründliche Reinigung erschwert. Wird dieser Schritt nicht sorgfältig durchgeführt, können sich vermehrt Keime ansammeln – ein Umstand, der letztlich zu Erkrankungen führen kann.



Die bisherige Evidenz weist weder klare Vorteile noch signifikante Nachteile der Inhalationstherapie zur Befeuchtung der Atemwege bei Erkältungen auf. Eine eindeutige Empfehlung für oder gegen diese Therapie ist daher schwer zu treffen. Entscheidet ihr euch für die Inhalationstherapie, achtet unbedingt auf die vom Hersteller empfohlenen Anwendungshinweise, Hygienemaßnahmen und Reinigungsanweisungen.


 

3. Inhalationsarten

Es gibt mehrere Methoden, einen feinen Nebel zu erzeugen, die unterschiedliche Vor- und Nachteile haben:


  • Vernebler:

    Kochsalzlösung oder Medikamente werden zu einem feinen Nebel zerstäubt, der tief in die Lunge gelangt. Diese Methode ist besonders effektiv für die Behandlung der unteren Atemwege.


  • Dampfinhalation:

    Hier wird heißer Wasserdampf inhaliert. Diese Technik erreicht hauptsächlich die oberen Atemwege und birgt das Risiko von Verbrennungen sowie Reizungen der Schleimhäute. Dampfinhalation ist nicht für Kinder geeignet!


  • Dosieraerosole mit Inhalierhilfen:

    Vor allem bei medikamentösen Therapien (z. B. bei Asthma oder Lungenentzündung) kommen Hilfsmittel wie Spacer zum Einsatz, die den Wirkstoff optimal in die Lunge transportieren.


    Empfehlung: Ultraschallvernebler

    Diese erzeugen extrem feine Wasserteilchen, die tief in die Atemwege gelangen und festsitzenden Schleim lösen. Aufgrund ihrer einfachen Handhabung und besseren Reichweite sind sie die bevorzugte Methode. Die Anschaffung ist nicht ganz günstig, aber es gibt sie immer mal wieder im Angebot.


    Vorteile:

    • Nahezu geräuscharm

    • Energieeffizient

    • Einfache Reinigung

    • Schonende Medikamentenaufbereitung

    • Klein und Handlich







4. Inhalationslösungen

Ein häufiger Bestandteil der Inhalationstherapie ist die Kochsalzlösung. Dabei unterscheidet man:


  • Isotonische Kochsalzlösung (0,9 % NaCl):

    Diese Inhalationslösung ist die gängige Standardvariante. Sie weist dieselbe Salzkonzentration wie das Blutplasma auf und dient in erster Linie dazu, die Atemwege zu befeuchten und die Reinigung des Schleims zu unterstützen.


  • Hypertonische Kochsalzlösung (≥ 3 % NaCl):

    Diese Lösung kann dabei helfen, hartnäckigen Schleim zu lösen – ein Effekt, der auch durch Studien belegt wird. Allerdings birgt die höhere Salzkonzentration das Risiko, die Atemwege zusätzlich zu reizen und während der Inhalation vermehrt Husten auszulösen. Solltest du den Schleim deines Kindes mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr und NaCl 0,9 %-Inhalationen nicht lösen können, konsultiere bitte zunächst den Kinderarzt oder die Kinderärztin, bevor du auf die 3 %-Lösung zurückgreifst.


  • Medikamente:

    Nach ärztlicher Verordnung können auch Wirkstoffe wie Salbutamol, Kortison etc. eingesetzt werden.


  • Finger weg von ätherischen Ölen!

    Besonders scharfe ätherische Öle wie Menthol, Campher oder Eukalyptus können die Stimmritze des Kehlkopfes verkrampfen und akute Atemnot auslösen. In einem solchen Fall muss sofort der Notarzt gerufen werden.


 

5. Alternativen zur klassischen Inhalation

Neben der Inhalationstherapie gibt es weitere unterstützende Maßnahmen:


  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr:

    Viel trinken hilft, den Schleim zu verdünnen und den Körper von innen zu hydratisieren.


  • Raumluftfeuchtigkeit erhöhen:

    Regelmäßiges Lüften und Spaziergänge an der frischen Luft tun gut.


  • Warmer Brustwickel:

    Ein warmer Brustwickel kann beruhigend wirken, die Durchblutung fördern und die Atemmuskulatur entspannen.


  • Honig bei Hustenreiz:

    Bei Kindern ab 12 Monaten kann Honig die Hustenfrequenz reduzieren – dies wurde auch in Studien belegt. >>>Lies hier mehr dazu


  • Nasenspülungen:

    Sterile Nasenspülungen aus der Apotheke bieten eine einfache und hygienische Methode zur Reinigung der Nasengänge.


  • Schleimlöser/ Hustensäfte nicht empfohlen:

    Für Kinder werden Schleimlöser nicht empfohlen, da es an wissenschaftlichen Belegen zur Wirksamkeit fehlt und sie potenziell Nebenwirkungen verursachen können. >>> Lies hier mehr dazu


 

6. Hygiene und Anwendung – Praktische Tipps

Der Erfolg der Inhalationstherapie hängt stark von der korrekten Anwendung ab:


  • Beobachte dein Kind genau:

    Achtet auf Veränderungen des Allgemeinzustands, Fieber, Schmerzen oder veränderte Atmung. In solchen Fällen ist es unerlässlich, einen Arzt aufzusuchen.


  • Altersgerechte Geräte:

    Bereits Säuglinge können mit einem Inhalationsgerät inhalieren. Für Babys und Kleinkinder bis etwa 2 Jahre gibt es spezielle Kindermasken. Ab etwa 3 Jahren können Kinder alternativ auch mit einem Mundstück inhalieren – diese Methode ist oft effektiver, da der Nebel besser in die Atemwege gelangt. Wichtig ist, dass Maske oder Mundstück perfekt abschließt.


  • Haltung:

    Eine aufrechte Sitzposition ist ideal. Je nach Alter sitzt das Kind auf dem Schoß eines Elternteils oder steht vor dem Inhalationsgerät.


  • Übung und Ablenkung:

    Übt das Inhalieren zunächst mit Kuscheltieren oder Lieblingspuppen und lenkt das Kind während der Anwendung durch Geschichten oder Vorlesen ab.


  • Verwendet NaCl-Ampullen aus der Apotheke:

    Diese sind hygienisch sicher.


  • Medikamente (z. B. Salbutamol oder Kortison):

    Nur nach ärztlicher Verordnung verwenden.


  • Reinigung:

    Vernebler, Masken und Schläuche müssen nach jeder Benutzung gemäß den Herstellerangaben gründlich gereinigt und – wenn empfohlen – desinfiziert werden, um das Risiko von Keimübertragungen zu minimieren.


 

7. Fazit

Die Atemwege deines Kindes sind entscheidend für den Schutz vor Infektionen. Inhalationstherapien können die Schleimhäute befeuchten und festsitzenden Schleim lösen. Es ist wichtig zu betonen, dass die Wirksamkeit dieser Therapien wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist. Daher sollte die Anwendung stets in Absprache mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin erfolgen, und ergänzende Maßnahmen wie ausreichende Flüssigkeitszufuhr und frische Luft durchgeführt werden.


Hinweis: Dieser Ratgeber ersetzt keine medizinische Beratung. Bitte besprecht Inhalationstherapien immer mit eurem Kinderarzt oder eurer Kinderärztin, insbesondere wenn euer Kind zusätzliche Symptome zeigt oder sich der Allgemeinzustand verschlechtert.




 

Stand: 02/2025



Quellen:

  • Elkins, M. R., Robinson, M., Moriarty, C., et al. (2006): A controlled trial of long‐term inhaled hypertonic saline in patients with cystic fibrosis. New England Journal of Medicine.

  • Jiang, M. (2015): Airway Humidification Reduces the Inflammatory Response During Mechanical Ventilation. Respiratory Care.

  • Marseglia, A., et al. (2021): Acute cough in children and adolescents: A systematic review and a practical algorithm by the Italian Society of Pediatric Allergy and Immunology. Allergologia et Immunopathologia.

  • Pekcan, A. (2012): Inhaled Therapy in Children.

  • Pörksen, S. (2014): Inhalationstherapie bei Atemwegserkrankungen im Kindesalter. Monatsschrift Kinderheilkunde.

  • Safina, S. (2024): Acute cough in young children in the practice of a primary care pediatrician. Meditsinskiy sovet = Medical Council.

  • Singh, et al. (2017): Erhitzte, befeuchtete Luft bei Erkältung. Cochrane Review.https://www.cochrane.org/de/CD001728/ARI_erhitzte-befeuchtete-luft-bei-erkaltung

  • Sriabina, et al. (2020): The efficacy and tolerability of inhaled hypertonic saline in children with cystic fibrosis. European Respiratory Journal.

  • Stahl, M., 2019: Preventive Inhalation of Hypertonic Saline in Infants with Cystic Fibrosis (PRESIS). A Randomized, Double-Blind, Controlled Study. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30409023/

  • Wark, P. A., McDonald, V., et al. (2018): Nebulised hypertonic saline for cystic fibrosis. Cochrane Database of Systematic Reviews.

  • Zhang, et al. (2017): Ist die Verabreichung von hypertoner Kochsalzlösung über einen Vernebler bei Kleinkindern mit akuter Bronchiolitis wirksam und sicher?https://www.cochrane.org/de/CD006458/ARI_ist-die-verabreichung-von-hypertoner-kochsalzlosung-uber-einen-vernebler-bei-kleinkindern-mit-akuter


bottom of page